ESSEN. TRINKEN. MALEN.

Foto © Erwin Kastner

Sommer 2012: Draußen scheint die Sonne und erhitzt das Groß-Buchholzer Dachatelier auf 36°C. Drinnen malt Dietmar Stiller auf einer kleinen Leinwand sein Tagesbild Nr. 346. Es zeigt die Erinnerung an einen ebenso heißen Sommertag in San Francisco. Ein Fahrradfahrer fährt seine tägliche Runde im gleißenden Sonnenlicht auf der Golden Gate Bridge. 

Inspiriert von der in Amerika sehr populären »Daily-Painting-Bewegung« startet der Künstler am 15. August 2011 als einer der wenigen deutschen Künstler damit, täglich persönliche Erlebnisse, Ereignisse, Skizzen und Fotos als Acryl- oder Ölbild umzusetzen. Stillers Tagesablauf hat sich dadurch in den vergangenen Jahren grundlegend verändert. Nach seinem normalen Arbeitstag beginnt für ihn die etwas andere »tägliche Malzeit«. Dabei ist es egal, ob Wochenende, Feiertag, Fußball-EM, Corona-Pandemie oder Urlaubszeit ist. Schließlich muss am Ende des Tages sein Bild fertig werden. Für seine »Follower« in Deutschland und in aller Welt wird das Bild noch am selben Tag fotografiert und ins Internet gestellt. 
Nach dem Motto: »Jeden Tag ein kleines Bild - jeden Tag ein kleines Lächeln« freut sich Stiller besonders, wenn die Betrachter täglich neue Freude an seinem Werk und den oft nicht ganz ernst gemeinten Kommentaren finden. Viele Webseitenbesucher lassen sich die Bilder als täglichen Morgengruß per E-Mail schicken.
Stillers Werke sind meist kleinformatige Acrylbilder, Skizzen und Aquarelle. Nach vielen Versuchen und Erfahrungen braucht er für die Realisierung eines Daily Paintings von der Skizze bis zum Upload ins Internet in der Regel 3-4 Stunden.
Die Tagesbilder des 59-jährigen gebürtigen Kölners zeigen oftmals Alltagssituationen: Eine verlockende Hängematte im Garten, ein idyllisches Hofcafé, ein Hot Dog Verkäufer in den Häuserschluchten Torontos, ein Stillleben mit Kornblumen oder ein leicht im Wind wogendes Weizenfeld. Vielen Bildern sieht man die akademische, grafische Ausbildung ihres Malers an. Allen gemeinsam ist jedoch stets der persönliche Bezug der Motive zum Künstler.
Was als künstlerische Herausforderung und zur Disziplinierung des eigenen Malstils begann, hat sich inzwischen verselbständigt: »Eigentlich hatte ich nur 100 Bilder an 100 Tagen im Sinn, doch inzwischen ist das tägliche Malen für mich so wichtig wie Essen und Trinken.«

Das täglich neu entstandene Bild findet man hier: www.dailypainting.de.





WIE ALLES BEGANN ...

Ich wurde 1965 in Köln am Rhein, geboren.
Kölner bleibt man sein Leben lang, auch wenn man in Hannover oder anderswo lebt.
In der Schulausbildung ist mein Lieblingsfach natürlich »Kunst«.
Nach dem Abi folgt eine Ausbildung zum Technischen Assistenten für Gestaltung. 
Doch als Assistent sehe ich mich nicht. Daher bewerbe ich mich in Aachen zum Grafikdesignstudium. Die Studienzeit ist prima, allerdings von ernstzunehmender Malerei findet sich hierin keine Spur.

Meine ersten »Tagesbilder« entstehen bereits 1991 im Rahmen meiner künstlerischen Abschlussarbeit »Novemberbaum«. 30 großformatige Collagen (70 x 100 cm) zeigen Fotos, Skizzen, Malereien, Inspirationen und Beschreibungen meiner Erlebnisse und Eindrücke während des Novembers 1990. Zudem entsteht als Hauptarbeit eine Multivisions-Diaschau auf 3 Leinwänden, die ich mit Musik und Ton versehe. Ein bisschen Stolz darauf bin ich schon, denn hierfür bekomme ich als jahrgangsbester Absolvent die Medaille der Fachhochschule Aachen.

Nach dem Diplom übernehme ich die Leitung der Grafikabteilung einer mittelgroßen Aachener Messebaufirma, in der ich während des ganzen Studiums bereits als Messebauzeichner gejobbt habe. Zugleich ergibt sich zufällig die Möglichkeit, ein geräumiges Malatelier im benachbarten Industriehof zu übernehmen.
Diese künstlerische Zeit im »Aachener Hinterhofchicago« endet 1994 mit Beginn meiner freiberuflichen Tätigkeit als Designer und ArtDirector. 

Aus Zeitmangel bleiben fortan die Leinwände weiß.

Bis 2002 entstehen vermehrt fotokünstlerische Auseinandersetzungen mit Menschen, Orten, Stimmungen und Ereignissen. Die so entstandenen Erinnerungen und Erfahrungen leben heute als Motive in meinen als Malerei umgesetzten Bilder weiter.

Es folgen zahlreiche beruflich bedingte Ortswechsel zwischen Aachen, Bonn und Köln. Im beschaulichen aber kulturell sehr aktiven Marburg an der Lahn nehme ich im Mai 2002 seine Mal- und Zeichentätigkeit wieder auf. Ich miete mir dort ein romantisches Malatelier in einer ehemaligen Schreinerei in einem Dorf nahe Marburg. Dort entstehen großformatige Arbeiten. Mein Lieblingsformat ist damals 1 x 1 Meter. Aufgrund dieser Größe dauert deren endgültige Fertigstellung oft mehrere Wochen. Vieles wird anschließend aus Unzufriedenheit wieder übermalt. Das Nichtfertigwerden und diese ziellose Rummalerei kennt sicher der ein oder andere Maler. Man verbringt viel Zeit beim Lesen von Kunstbüchern und anderem inspirierenden Quellen, man kauft Material in Hülle und Fülle, macht Skizzen, räumt das Atelier auf und so weiter... aber man schiebt die eigentliche Mal-Arbeit vor sich her. Letztlich kommen -vor allem beim gemeinsamen Malen in der Marburger Volkshochschule- einige »ganz nette« Bilder heraus. Mit einigen befreundeten Malern entstehen kleinere Gruppenausstellungen in Marburg. Die große künstlerische Inspiration fehlt mir zu dieser Zeit jedoch weitgehend und ich sehe mich allenfalls als "Hobby-Maler".

2009 erfolgt der unerwartete Umzug nach Hannover. Dort ziehen wir in ein Haus nebst neuem Grafikatelier und einem tollen Malatelier in der Dachschräge. Das Malen geht voran, auch größere Arbeiten gelingen des Öfteren. Mit Gleichgesinnten gründe ich 2010 eine Skizzentruppe; heute sagt man »Urban Sketcher« dazu. 

Bei einem fantastischen Kanadaurlaub im Jahr 2011 entstehen mehrere Tausend Fotografien und bereits beim Knipsen stellt sich oft der Wunsch nach der malerischen Umsetzung der Motive. Ich lerne die Bewegung der Daily Painter in Amerika kennen und beschließe, ebenfalls ein Daily Painter zu werden. Zielsetzung ist das kontinuierliche Malen. Im Hinblick auf meine persönliche Malerei möchte ich endlich einen Fortschritt sehen.

Am 15. August 2011 starte ich mein tägliches Weblog »A Stiller A Day«:
Hierin stelle ich seither ohne einen Tag Pause täglich ein kleines Daily Painting (Tagesbild) online ins Web. Meine Daily Paintings zeigen täglich ein neues persönliches Thema, eine Herausforderung, eine Übung, eine Begegnung oder Erinnerung. Das Projekt »100 Tage 100 Bilder« verselbständigt sich zusehends. Mein Spaß an der Sache wächst schnell. Der Anteil der Kunst und Malerei in meinem Leben nimmt rasch zu. Rasch folgen erste Ausstellungen und Bildverkäufe. 

Alle Bilder veröffentliche ich täglich auf www.dailypainting.de im Internet. Die meisten davon werden zudem täglich auf www.dailypaintworks.com zur Versteigerung angeboten.

Aus einer Ausstellung bei boesner in Hannover (Künstlermaterialien Großhandel) ergibt sich eine ständige Kooperation: Ich gestalte den Katalog und die Webseite der Kunstfabrik Hannover

2014: Daily Painting verändert weiterhin mein Leben. 
Ich beginne, meine Erfahrungen und mein Wissen in regelmäßigen Workshops deutschlandweit weiterzugeben. Aus der Zusammenarbeit mit der Kunstfabrik Hannover entsteht eine enge Freundschaft mit ihrem Gründer Nikolaus von der Assen.

2017 werde ich vom EMF-Verlag gebeten ein Buch über das tägliche Malen zu schreiben. 
Es entstehen hintereinander "Acryl 14 Tage 14 Bilder" und das Buch "Mit Acrylfarben Malen".

2019 übernehme ich die künstlerische Leitung der Kunstfabrik Hannover